Praktika sind im Jura Studium verpflichtend. In NRW sind es drei. Eins in der Rechtspflege (Anwalt oder Gericht), eins in der Verwaltung (Behörden oder Ämter) und ein Wahlpraktikum. Da für mich klar war, dass ich Abschichten und die alte Regelung mitnehmen möchte, war für mich auch klar, dass ich nicht so viele vorlesungsfreie Zeiten haben würde. Da die Wartezeiten häufig sehr lange sind, habe ich mich daher sehr schnell angefangen zu bewerben. Mein Wahlpraktikum wurde mir durch meine Tätigkeiten in der Kanzlei anerkannt.
Die Suche nach einem Praktikumsplatz
Ich habe mich bei vielen Stellen beworben, bei vielen war es nicht möglich, weil ich noch nicht weit genug im Studium war, andere hatten schon alle Plätze vergeben oder nicht die Kapazitäten. Ich wollte gerne ans Landgericht, aber weil ich keine Adresse für meine Bewerbung gefunden habe, habe ich angerufen und nachgefragt. Die Dame hat mir daraufhin eine Liste mit den Nummern der Richter gegeben und meinte, ich kann direkt bei diesen nachfragen. Ich habe dann schließlich bei den Kammern angerufen, welche mich interessierten. Wettbewerbs- und Markenrecht war meine erste Wahl im Zivilgebäude, da ich auch bei meinem Job schon viel mit diesem Bereich zu tun hatte und es spannend fand. Als ich angerufen habe, ist der Richter rangegangen und meinte direkt, dass wir das hinbekommen und ich gerne ein Praktikum bei ihm machen kann. Bis zum Beginn des Praktikums waren es dann noch über ein Jahr.
Allgemeines zum Praktikum
An meinem ersten Praktikumstag bin ich dann also ins Gericht gekommen. Was die Kleidung angeht, habe ich dafür entschieden, im Hosenanzug zu erscheinen und dann zu fragen, wie die Kleidung am liebsten ist. Lieber overdressed als underdressed. Der Vorsitzende meinte, dass wir nicht im Anzug erscheinen, aber auch nicht zu sportlich erscheinen sollen. Ich habe dann an den Tagen der Verhandlung eine Bluse getragen und an den übrigen meistens ein Langarmshirt mit Blazer, weil das einfach eine Kleidung ist, in der ich mich auch wohl fühle. Die Kammer besteht aus drei Richtern. Am ersten Tag hat der Vorsitzende mich und eine andere Praktikantin in die Arbeit der Kammer und was wir zu erwarten haben eingeführt. In der Zeit vom Praktikum hatten wir immer am Montag Besprechung. Die aktuellen Akten wurden uns vorgestellt und von den Richtern eingeordnet. Komplizierte Sachen wurden uns erklärt. Am Dienstag fanden dann die Verhandlungen statt. Die restliche Woche wurden die Akten für die kommende Woche erarbeitet. Für die Akten aus Papier sind wir zum Gericht gekommen, die anderen haben wir digital zu Hause lesen können.
Marken- und Wettbewerbsrecht
Das Markenrecht regelt, wie der Name bereits vermuten lässt, den Schutz und die Durchsetzung von Markenrechten. Das Wettbewerbsrecht regelt das Miteinander von Konkurrenten auf einem Markt und sorgt dafür, dass alles fair bleibt. Besonders häufig geht es dabei um die Werbung für ein Produkt, welche nicht getätigt werden dürfen. Das Markenrecht und Wettbewerbsrecht liegen sehr nah beieinander und treten daher auch häufiger zusammen auf. Wenn zum Beispiel mit dem Markennamen eines Unternehmens geworben wird, um mehr Aufsehen und Vertrauen zu erwecken, dann kann das ein Verstoß gegen die geschützten Markenrechte, aber auch gegen einen fairen Wettbewerb sein.
Interessante Fälle während des Praktikums
Wettbewerbs- und Markenrecht ist nicht wirklich von Relevanz im Studium und dadurch gibt es einfach so vieles, was man nicht weiß. So wusste ich zum Beispiel nicht, dass man auch Farben markenrechtlich schützen kann und ich wusste auch nicht, dass es im Verkehrskreis von Medikamenten üblich ist, dass diese eine bestimmte Farbe haben. So ist es beispielsweise üblich, dass rosa für die Antibabypille steht. In meinem Praktikum hatte ich einen Fall, wo es um die Verpackung von einem Medikament geht und die Frage, ob es zu nah an einem bekannten Markenprodukt ist, oder einfach eine übliche Farbgebung für das beschriebene Medikament. Ich hatte auch einen Fall, wo zwei eingetragene Marken stritten, weil sie zwar unterschiedlich geschrieben werden, aber gleich klingen und im selben Bereich Produkte anbieten. Die eine Marke ist weltweit bekannt, die andere war aber schon in Deutschland zuvor eingetragen. In einem anderen Fall ging es um die Frage, ob eine Form, welche erst durch die maschinelle Entwicklung möglich wird, geschützt bleibt. Grundlage waren sehr teurere und bekannte Gläser, welche ausschließlich mundgeblasen ihre Form erreichen konnten, inzwischen es aber maschinell gelungen, was die Frage aufgeworfen hat, ob es gerechtfertigt ist, zum Schutz eines alten Handwerks und Produktes des maschinellen Fortschritts einzuschränken. Ein wesentliches Kriterium ist dabei die Markenbekanntheit der speziellen Form. In anderen Fällen ging es um die Frage, wie die Marke von anderen zur Werbung verwendet werden darf. Es gibt eine BGH Entscheidung zu der Werbung mit Reifen, wo festgestellt wird, dass es rechtlich einen großen Unterschied macht, ob man „Reifen für VW“ oder „Reifen auch für VW“ sagt. Man darf den Namen grundsätzlich nur wie in der ersten Variante verwenden, wenn die Reifen explizit nur für diese Marke benutzbar sind. In einem anderen Fall wurden unerlaubterweise Produkte mit einem der bekanntesten Bandlogos verkauft, in einem wieder anderen Fall ging es um die Werbung mit Herkunftsangaben.
Was ich vom Praktikum gelernt habe
Ich konnte vieles aus dem Praktikum mitnehmen. Zunächst war es eine tolle Erfahrung und Bereicherung, das erste Mal die Praxis zu erleben. Ich habe zwar schon in Kanzleien gearbeitet und mich viel mit der Materie beschäftigt, aber ich habe noch nie an einer Verhandlung teilgenommen. Das Praktikum hat mir also das erste Mal die Praxis gezeigt und mich noch weiter darin bestärkt, dass ich auf meinem Weg richtig bin. Je länger ich studiere, je mehr ich mit der Materie beschäftige, desto mehr liebe ich sie. Zwischen den Anwälten und Richtern zu sein, hat sich richtig angefühlt. Ich habe gelernt, dass es einen guten Anwalt ausmacht, die Verhandlung vom Leben zu trennen. Sich vor Gericht anzuschreiben und sich anschließend einen schönen Tag zu wünschen. Der Anwalt, welcher zugibt, das Produkt vom Gegner zu benutzen, weil es keine Rolle spielt. Es kommt nicht darauf an, die andere Person nicht zu mögen, sondern beide respektieren sich und respektieren, dass sie sich für ihren Mandanten einsetzen. Beide stehen auf entgegengesetzten Seiten und gleichzeitig auf derselben, denn beide stehen auf der Seite des Rechts. Der Ausgang ist oft unklar und ich habe gelernt, dass auch die Richter sich häufig uneinig sind. Ich dachte auch immer, dass Richter viel freier in ihrer Entscheidung seien, aber eigentlich ist der Spielraum sehr gering, denn man denkt immer an die nächste Instanz und wie sie die Sache bewerten würde. Ich habe zudem gelernt, dass das Prozessrecht total entscheidend ist, gefühlt viel mehr als das Materielle. Wenn man Fristen nicht einhält oder nicht bemerkt, dass man einen Antrag stellen sollte oder nicht auf bestimmte Paragrafen kommt, dann ist die Sache schnell ganz anders.